19.12.2006  Linktip 
PartizipA
Partizipative Modellbildung, Akteurs- und Ökosystemanalyse in Agrarintensivregionen
Fallstudie Deutschland
10/2003 – 03/2007


WRRL und Landwirtschaft im Einzugsgebiet der Hase

Von Oktober 2003 bis März 2007 wurde am Institut für Umweltsystemforschung der Universität Osnabrück das Projekt PartizipA durchgeführt. Thema des Projektes war die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in einem landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiet.

Ausgangslage
Die WRRL fordert, dass alle europäischen Gewässer bis zum Jahr 2015 einen guten Zustand aufweisen. Diese ambitionierte Zielvorgabe bedeutet für das Untersuchungsgebiet, dass Landwirtschaft und Wasserwirtschaft gemeinsam Wege finden müssen, um die Stickstoffeinträge ins Grund- und Oberflächenwasser zu verringern. Der größte Anteil dieser Stickstoffeinträge sind Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung. Die WRRL sieht darüber hinaus in der Beteiligung der Öffentlichkeit ein Schlüsselinstrument für ihre erfolgreiche Umsetzung.

Projektziel
Ziel des Forschungsprojektes war es, mit Akteuren vor Ort Perspektiven zur regionalen Umsetzung der WRRL zu untersuchen. Besondere Aufmerksamkeit kam dabei der Erarbeitung von Maßnahmen zum Grundwasserschutz zu, um die Region bei den künftigen Anforderungen der WRRL zu unterstützen.

Untersuchungsgebiet
Das ca. 3000 km² große Einzugsgebiet der Hase gehört zur Flussgebietseinheit Ems und ist eines von 32 Bearbeitungsgebieten, der kleinsten Umsetzungseinheit zur WRRL in Niedersachsen. Den größten Flächenanteil im Einzugsgebiet hat der niedersächsische Landkreis Osnabrück (38%), der im Projekt schwerpunktmäßig betrachtet wurde. Der Landkreis Vechta im Einzugsgebiet der Hase weist mit 13 Millionen Hühnern die weltweit höchste Hühnerdichte auf. Zusätzlich werden im gesamten Einzugsgebiet mit ca. 4,7 Millionen Tieren annähernd 20% der Schweine Deutschlands gehalten. Der Viehbesatz in dieser Region liegt mit durchschnittlich 2,1 Großvieheinheiten pro Hektar Landfläche fast doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt.

Projektkonzept
Zur Unterstützung der im Projekt angestrebten Maßnahmenplanung wurden mit einem Nährstoffmodell die Stickstoffausträge der aktuellen Landnutzung und verschiedener - von den Akteuren vorgeschlagener - Maßnahmen berechnet. Die Ergebnisse der Modellierung wurden mit einem Geographischen Informationssystem kartographisch aufbereitet und im Akteursforum vorgestellt.
Das Akteursforum wurde durch eine Institutionen- und Akteursanalyse begleitet, welche die aktuellen Rahmenbedingungen untersuchte. Der Prozess des sozialen Lernens im Akteursforum wurde evaluiert und dabei insbesondere der Umgang mit Konflikt betrachtet.
Die Forschungsergebnisse wurden in zahlreichen Veröffentlichungen (Auswahl siehe unten) sowie im Internet dargestellt.

Das Akteursforum – Unterstützung zur Umsetzung der WRRL
Zentrales Element des Projektes war ein Akteursforum, an dem 14 Vertreter regionaler Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Forstwirtschaft, Raumordnung und Naturschutz teilnahmen. Gemeinsam mit diesen Akteuren wurden Szenarien für mögliche Entwicklungen der sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen in der Region entworfen.

Bewertung des Beteiligungsprozesses
Der Beteiligungsprozess im Akteursforum kann als
Beispiel für andere Regionen dienen und Anregungen
für den offiziellen Umsetzungs- und Beteiligungsprozess der WRRL geben. Die Teilnehmer des Akteursforums haben an dieser Form der Beteiligung insbesondere die offene Dialogform mit vielfältigen Möglichkeiten, sich an Diskussionen zu beteiligen, geschätzt. Die aktive Mitgestaltung der Akteure setzte eine ständige Anpassung der verwendeten Methoden voraus. Methodische Instrumente wie Metaplantechnik, Visualisierung individueller Perspektiven und Kleingruppenarbeiten wurden von den Teilnehmern als besonders hilfreich eingeschätzt.

Ergebnisdokumentation in einem gemeinsamen Schlussdokument
Die im Akteursforum gemeinsam diskutierten, simulierten und bewerteten Maßnahmen für Landnutzungsänderungen haben Eingang in ein von allen Beteiligten gemeinsam entwickeltes Schlussdokument gefunden. Die Umsetzbarkeit der Maßnahmen wurde von den Akteuren zum Teil unterschiedlich eingeschätzt, auch diese kontroversen Bewertungen sind Bestandteil des Dokuments. Als pdf-Datei ist das Schlussdokument unter www.partizipa.net erhältlich.

Veranstaltung eines Erlebnistags
Durch das offene Forschungskonzept des Projekts konnten auch neue Bedürfnisse der Akteure berücksichtigt werden. Unter dem Motto „Ein Sonntag im Osnabrücker Land. Erlebe Natur, Wasser und Landwirtschaft aus einer Hand“ fand auf Wunsch der Akteure im Sommer 2006 ein Aktionstag statt. Mit Unterstützung vieler weiterer regionaler Akteure trug die Veranstaltung zur Sensibilisierung der Konsumenten für den Zusammenhang von Ernährung, Landwirtschaft und Grundwasserschutz bei.

Wissenschaftliche Veröffentlichungen (Auswahl)
Berkhoff, K. (2006): Application of a GIS-based groundwater vulnerability assess-ment in a participatory process. In: Tochtermann, K., Scharl, A. (Editors): Managing Environmental Knowledge. Shaker, Aachen, pp. 389-392.

Newig, J. / Kaldrack, K. (2007): Sauberes Wasser durch Partizipation? Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie im Landkreis Osnabrück; in: M. Schäfer / B. Nölting (Hrsg.): Impulse für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung. Ergebnisse der sozial-ökologischen Forschung. Ökom-Verlag.

Kastens, B., Newig, J. (2005): Die aktuelle Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie - Konsequenzen und Perspektiven für die Landwirtschaft am Beispiel Niedersachsens; in: Berichte über Landwirtschaft 83 (3), S. 463-482.

Projektteam
Prof. Claudia Pahl-Wostl
Dr. Jens Newig
Dipl.-Umweltwiss. Karin Berkhoff
Dipl.-Systemwiss. Kai Kaldrack
Dipl.-Geograph. Britta Kastens
Dipl.-Psych. Bianca Schlußmeier
MA Sophie Rotter (Seecon Deutschland GmbH)

Kontakt
Dr. Jens Newig
Institut für Umweltsystemforschung
Universität Osnabrück
Barbarastr. 12
D-49069 Osnabrück
0049 - 541 - 969 2315 (tel)
jens.newig@usf.uni-osnabrueck.de
www.partizipa.net

gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung